Waldbaden

Baden in Wald auf japanisch: Shinrin Yoku

Dass uns der Wald gut tut, ist gewiss nichts Neues – das spüren wir intuitiv. Aber wie Waldbaden wirkt und warum es so heilsam ist, erfahren Sie hier.

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"Waldbaden" ist mehr als "Spazierengehen im Wald": Was in Japan bereits seit den 1980er Jahren als anerkannte Heilmethode praktiziert wird, findet auch bei uns immer mehr begeisterte Anhänger. Shinrin Yoku – wörtlich übersetzt "Baden in der Waldatmosphäre" – ist kein esoterischer Hokuspokus, sondern seine Wirksamkeit durch wissenschaftliche Forschung belegt. Das Video oben zeigt Ihnen eine Anleitung zum Waldbaden.

Eigentlich wollte die japanische Forstbehörde 1982 ihre Landsleute "nur" zu mehr Bewegung an der frischen Luft – zu einem gemütlichen Spaziergang im Wald (= Shinrin yoku) – anregen. Doch schnell konnten japanische Wissenschaftler in verschiedenen Studien nachweisen, dass Waldbaden wie ein Aromatherapie auf den Körper wirkt.

Waldbaden
Foto: roja48 / pixelio.de


,Hier tankt die Seele Ruhe & Kraft: im grünen Wald!, ,Foto: roja48 / pixelio.de

Der Aufenthalt an der frischen Luft ist gesund, klar: Ostseeheilbäder, Salinen, Bergluft! Jetzt rückt endlich auch in Deutschland der Wald in den Fokus der Mediziner, um weit verbreitete Zivilisationskrankheiten (Stress/Burnout, Herzkreislauf-Erkrankungen und Atemwegsinfekte) zu therapieren. Die positive Wirkung des Waldes auf den menschlichen Organismus erklären Mediziner mit dem "Biophilia-Effekt".

Waldbaden medizinisch erklärt

Schon früh belegte der schwedische Arzt Roger Ulrich die Heilkraft des Waldes: In einem einfachen Experiment zeigte sich 1980, dass Krankenhauspatienten schneller gesund wurden (und entlassen werden konnten), wenn sie aus dem Zimmer Ausblick auf einen Baum hatten!

Beim Waldbaden wirkt aber nicht allein der Anblick der Natur positiv auf den Organismus: Clemens Arvay, Biologe aus Österreich macht dafür den "Biophilia-Effekt" verantwortlich. Heute wissen wir, dass auch Pflanzen untereinander kommunizieren können. Mittels sogenannter Terpene (= pflanzliche Botenstoffe), die sie an die Waldluft abgeben, können sie sich untereinander "verständigen" und vor Gefahren warnen (z. B. vor Schädlingsbefall), um sich rechtzeitig zu schützen. Forscher konnten inzwischen etwa 40.000 dieser Botenstoffe (sekundäre Pflanzenbestandteile) nachweisen und entschlüsseln. Da überrascht es nicht, dass diese Signalstoffe auch auf den menschlichen Körper einwirken und unser Immunsystem aktivieren!

Forscher haben nachgewiesen, dass nach einem Waldspaziergang etwa 50% mehr weiße Blutkörperchen im Blut nachweisbar sind als zuvor. Die sogenannte Killerzellen sind wichtig, um Keime und Schadzellen im Körper abzuwehren. Waldbaden ergänzend im Kampf gegen den Krebs einzusetzen, wird daher von Alternativmedizinern oft empfohlen. Immerhin gibt es Studien, die belegen, dass Menschen, die in der Nähe eines Waldes leben, deutlich seltener an Krebs erkranken als der Durchschnitt. In wie weit andere Parameter (gesündere Ernährung, weniger Stress, Abwesenheit von Zivilisationsgiften, ...) mit dafür verantwortlich sind, hat die Statistik nicht geprüft!

Nutzen des Waldbadens

Unbestritten ist, dass uns der Wald innere Ruhe schenkt: Das Flüstern des Windes, rauschendes Blattwerk, gurgelnde Bäche und Vogelgezwitscher aktivieren den Parasympatikus (= Ruhenerv; Gegenspieler des Sympatikus'). Der Parasympatikus steuert im Körper alle Stoffwechsel-Prozesse, die für Erholung, Regeneration und Stress-Ausgleich verantwortlich sind. Spürbar wird das an mehr innerer Ruhe, geringerem Blutdruck, besserem Atemvermögen und mehr Ausgeglichenheit, wenn wir uns im Wald aufhalten.

Das Phänomen ist mittlerweile solide erforscht: Eine Schar an Spezialisten (Umweltmediziner, Ökopsychosomatiker oder Wildnispädagogen) schickt mittlerweile ihre Patienten zur Kur in den Wald.

Wo Waldbaden?

Natürlich ist schon der Spaziergang im nahen Stadtwald eine Wohltat für gestresste Städter. Aber Waldbaden meint mehr: Das Abtauchen in (möglichst) unberührten Wald – fernab der Zivilisation, wo die Wirkmechanismen des Waldes noch intakt sind. Aber wo in Deutschland findet man noch einen richtigen "Urwald" zum Waldbaden?

Der erste anerkannte Heilwald liegt auf der Insel Usedom. Aber auch ohne dieses Prädikat gibt es in Deutschland viele Möglichkeiten zum Waldbaden. Erste Anlaufstellen sollten dafür die Nationalparks (z. B. die Eifel) oder große Kurparks sein. Auch sogenannte "Waldkurparks", "Klimapfade" oder "Baumwipfelpfade" lassen auf große zusammenhängende Waldgebiete schließen. Die Landesgartenschau 2018 in Niedersachsen hat den Wald sogar ins Zentrum ihrer Gartenpädadogik gestellt!

Waldbaden
Waldbaden hat nichts mit schwimmen zu tun: Ziel ist das Bad in der Waldatmosphäre. Foto: Jan Thau / pixelio.de

Wie geht Waldbaden?

Aber was muss ich nun beim Waldbaden anders machen als beim Spazierengehen oder Wandern, damit der Wald seine therapeutische Wirkung voll entfalten kann und mehr ist als Wellness-Urlaubs reizüberflutete Großstädter?

Keine Angst: Bäume umarmen und mit ihnen sprechen ist nicht nötig! Es geht darum, (möglichst allein) Zeit im Wald zu verbringen und die Natur im wahrsten Sinne des Wortes auf sich wirken zu lassen: Langsam laufen, zwischendurch immer wieder innehalten und verweilen, darauf kommt es an. Bleiben Sie beim Waldbaden immer wieder an schönen Stellen stehen, setzen Sie sich hin, lehnen Sie sich an die Rinde eines mächtigen Baumes und beaobachten Sie: Was sehe ich? Was höre ich? Was rieche ich? Und wie fühle ich mich?

Ruhig und regelmäßig atmen und die grüne Atmosphäre bewusst mit allen Sinnen aufnehmen, das reicht schon, um das Gesundheitspotenzial des Waldes für sich zu nutzen. Denn die Waldluft ist staubarm, nahezu frei von Reizgasen (Abgase, Ozon, Stickoxide, ...) dafür aber voll von den oben bereits erwähnten flüchtigen Pflanzenbotenstoffen.

Das Abschalten vom Alltag, die Gedanken loslassen fällt am Anfang vielen Menschen schwer.
Praxistipp: Hier hilft leichte körperliche Betätigung wie etwa Wandern, um den Geist zu beruhigen.  Aber wichtiger als die körperliche Betätigung ist beim Waldbaden das empfänglich sein für die Natur, damit die Botenstoffe der Pflanzen ihre positive Wirkung auf den Organismus entfalten können.

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